Rückblicke
2. Wissenschaftscafé des KNU zum Thema "Gekaufte Wissenschaft? - Der Einfluss von Politik, Wirtschaft und vom Rest der Welt"
Die Grundfinanzierung der Universitäten ist häufig von Kürzungen betroffen und auf Drittmittel, auch von Unternehmen, angewiesen. Drittmittel werden heute auch als wesentlicher Indikator der Forschungsleistung herangezogen. Doch inwiefern ist dann noch unabhängige Wissenschaft möglich? Und wo beginnt die Einflussnahme? Beim zweiten Wissenschaftscafé am 29. Januar im Chinesischen Teehaus „Hamburg Yu Garden“ diskutierten rund 60 Gäste aus Fakultäten und Präsidialverwaltung.
Die Eröffnungsstatements zum Thema „Gekaufte Wissenschaft“ hielten Prof. Dr. med. Michael Schulte-Markwort, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik des UKE, sowie Benedikt Strunz, Reporter bei NDR Info. Er recherchierte 2013 gemeinsam mit der Süddeutschen Zeitung über die Förderung deutscher Forschungseinrichtungen durch das Verteidigungsministerium der USA. Die Fördersummen seien zwar gering, die Außenwirkung jedoch fatal. Benedikt Strunz forderte mehr Transparenz bei der Finanzierung von Forschungsprojekten, da die Öffentlichkeit ein Recht darauf habe, zu erfahren, wie viel und wofür Forschungsgelder verwendet werden.
Prof. Schulte-Markwort betonte, dass die öffentliche Finanzierung der pharmakologischen Forschung nicht ausreichend sei und somit zwangsläufig auf Drittmittel zurückgegriffen werden müsse. Die Pharmaindustrie wende sich aber vor allem großen und lukrativen Märkten zu und schließe deshalb häufig Kinder oder seltene Krankheiten von der Forschung aus. Ärzte sähen sich deshalb immer mehr dazu genötigt, sich der Industrie ‚zum Kauf‘ anzubieten.
Abstimmung: Wo beginnt die Einflussnahme?
Im Anschluss hatten die Gäste die Gelegenheit, fakultätsübergreifend in kleinen Arbeitsgruppen über das Thema zu diskutieren. Im Plenum wurde dann über verschiedene Antwortmöglichkeiten zu fünf Fragen abgestimmt und anschließend die Ergebnisse kontrovers diskutiert. Eine Frage lautete beispielsweise, wo gekaufte Wissenschaft überhaupt anfange. Von den Gästen, die sich an der Abstimmung beteiligten, antwortete über die Hälfte (53 Prozent), sie beginne erst bei der externen Einflussnahme auf die Publikation der Ergebnisse. Viel weniger (21 Prozent) stimmten für die Antwort „Bereitstellung finanzieller Mittel außerhalb der Grundfinanzierung“. Nur ein geringer Teil (9 Prozent) waren der Auffassung, sie beginne bei der Programmförderung mit der Vorgabe von Forschungsthemen. Andere glaubten, dass gekaufte Wissenschaft bereits bei der fehlenden Sicherung der Grundfinanzierung (7 Prozent) beginne. Einige wenige Personen entschieden sich aber auch dafür, dass gekaufte Wissenschaft erst bei der externen Einflussnahme auf die Ergebnisse vorläge (5 Prozent) oder gar nicht existiere (5 Prozent).
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren der Meinung, dass die Universität Drittmittel in Verbindung mit strengen Transparenzanforderungen verantwortungsvoll nutzen könne. Nur wenige wünschen sich ein generelles Verbot von Drittmitteln. Bei dieser Frage konnten mehrere Antworten gegeben werden.
Die Frage, ob Forschung ohne externe Einflussnahme noch möglich ist, konnte und sollte an diesem Abend nicht abschließend beantwortet werden. Einig waren sich aber alle Teilnehmenden, dass eine Universität heute mehr denn je dafür sensibilisiert sein muss, ihre Freiheit und Unabhängigkeit in der Forschung zu bewahren.
Wissenschaftscafé: Raum für Diskussionen
Das Wissenschaftscafé ist ein vom Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität (KNU) initiiertes Format. Das Ziel ist, über die Disziplingrenzen hinaus und in entspannter Atmosphäre aktuelle Entwicklungen in der Wissenschaft zu diskutieren. Das nächste Wissenschaftscafé findet im Sommersemester 2014 statt. Der Termin wird noch bekanntgegeben.
Text: Red. Bild: Luisa Tauschmann
1. Wissenschaftscafé des Kompetenzzentrums Nachhaltige Universität zum Thema "Welche Gesellschaft braucht meine Wissenschaft?"
Wissenschaft in entspannter Atmosphäre: Unter diesem Motto fand die erste Veranstaltung des vom Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität (KNU) initiierten Wissenschaftscafés statt. Die rund 90 Gäste, die sich am 27. November im Chinesischen Teehaus „Hamburg Yu Garden“ eingefunden hatten, nutzten die Gelegenheit, intensiv über verschiedene Aspekte nachhaltiger Wissenschaft zu diskutieren.
Welche Gesellschaft braucht meine Wissenschaft? So lautete der Titel des ersten Wissenschafscafés im KNU moderiert von Prof. Dr. Alexander Bassen, dem leitenden Direktor im KNU. Universitätspräsident Prof. Dr. Dieter Lenzen wies in seinem Eröffnungsstatement darauf hin, dass die unterschiedlichen Möglichkeiten, diese Formulierung zu interpretieren, durchaus beabsichtigt gewesen sei. „Welchen Beitrag leistet Wissenschaft für die Gesellschaft?“ und „Welche Gesellschaft benötigt die Wissenschaft aus Sicht unterschiedlicher Disziplinen?“ – zwischen diesen beiden Polen bewegten sich die Diskussionen bei der Veranstaltung. Besonders betonte Lenzen dabei die Wichtigkeit des „interfakultären Dialogs“, der durch das Format des Wissenschaftscafés ermöglicht werde.
Das Ziel des Abends war ein „Austausch von Meinungen“, wie es Prof. Dr. Hermann Held, Geschäftsführender Direktor der Forschungsstelle Nachhaltige Umweltentwicklung der Universität Hamburg, formulierte. Er hielt – gemeinsam mit Prof. Dr. Lenzen und fünf weiteren Mitgliedern des KNU – ein kurzes Eingangsstatement, um verschiedene Ansatzpunkte für eine Diskussion zu geben.
Diskussion in vier Dimensionen
Grundlage für die Auseinandersetzung waren die vier Dimensionen der Nachhaltigkeit im KNU: Während die inhaltliche Ebene die konkreten Projekte und Forschungsthemen zur Nachhaltigkeit umfasst, z.B. den Klimawandel, geht es in der reflexiv-wissenschaftskritischen Dimension darum, in welchem System nachhaltige Wissenschaft betrieben werden kann und wie sie zu gestalten ist. Darüber hinaus wurde auf die didaktische sowie die institutionelle Ebene geschaut. Erstere stellt die Definition und Umsetzung nachhaltiger Lehre und Bildung in den Vordergrund, während letztere die Prozesse und Ablaufstrukturen in den Mittelpunkt rückt, die gegeben sein müssen, damit beispielsweise eine Universität nachhaltig arbeiten kann.
Nach den Eingangsstatements diskutierten die Gäste an Tischen zu je acht bis neun Personen unter anderem über die Fähigkeit der Universität, die Beantwortung der Zukunftsfragen der Gesellschaft voranzubringen. Die Gesprächsthemen wurden anschließend im Plenum noch einmal vorgestellt und diskutiert.
Prof. Dr. Alexander Bassen, Direktor des KNU und Professor für Betriebswirtschaftslehre, zeigte sich mit der Premiere des neuen Formates zufrieden: „Unser Ziel war es, einen Austausch über Fachgrenzen hinweg anzustoßen. Das ist uns gelungen.“ „Die Stimmung war offen und produktiv, es wurden viele Aspekte aus verschiedenen Perspektiven besprochen,“ ergänzte Vizepräsidentin Prof. Dr. Jetta Frost. Nun gebe es eine neue Grundlage für zukünftige Vorhaben.
Nächster Termin steht schon fest
Der nächste Termin für das Wissenschaftscafé steht bereits fest: Im kommenden Jahr wird es am 29. Januar um 18.15 Uhr, Diskussionen zum Thema „Gekaufte Wissenschaft?“ geben.
Text: Anna Priebe