SDGs und Nachhaltige Entwicklung an der Universität Hamburg
Was passiert an der Universität Hamburg in Sachen Nachhaltigkeit? Welche Konflikte durchleben Hochschulen bei der Nachhaltigkeitstransformation? Wie können wir Synergien nutzen? Und was hat es eigentlich mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen auf sich?
Diese und weitere Fragen wurden während der Aktionstage Nachhaltigkeit in verschiedenen Veranstaltungen und Formaten diskutiert:
Bilder

Foto: UHH/Christine Stecker
Das KNU bot beim Sommer des Wissens am 22. Juni einen Infostand mit Quiz zu den Sustainable Development Goals (SDGs).

Foto: UHH/Anna Niesing
Die Teilnehmenden der Podiumsdisdiskussion sprechen über Wissenschaftsfreiheit im Kontext nachhaltiger Entwicklung.

Foto: UHH/Christine Stecker
Dr. Hilmar Westholm und Kathrin Ruhnke stellten beim Sommer des Wissens am 21. Juni den 3. Nachhaltigkeitsbericht der Universität Hamburg vor und informierten über Themen von Klimaforschung bis Gendergerechtigkeit.

Foto: Lydia Heilen
In der SDG Session haben die Teilnehmenden die 17 SDG besser kennen gelernt und deren Verbindungen analysiert.
Die nachhaltige Universität – eine Frage der Interpretation?
Am 18. Juni stellte Colin Bien (Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der MIN-Fakultät der Universität Hamburg) Ergebnisse aus dem Projekt Messung und Bewertung der Nachhaltigkeit der Universität Hamburg vor.
Was eine nachhaltige Universität eigentlich ist und macht, ist nicht allgemein bestimmt. Vielmehr zeigt ein Blick in die deutsche Hochschullandschaft, dass es unterschiedliche Interpretationen gibt und sich jede Hochschule selbst fragen muss, was es eigentlich heißt, nachhaltig zu sein. Doch auch, wenn es gelingt, eine Definition zu formulieren, sind die Interpretationen darüber nicht immer dieselben.
Mit einer Interviewstudie an der Universität Hamburg untersuchte Colin Bien, Hermann Held und Remmer Sassen, wie Führungskräfte (Dekane, Vizepräsidenten, Leitung des KNU) die Nachhaltigkeit an der Universität interpretieren und welche Bedeutung sie ihr zuweisen. Im Vortrag stellte Colin Bien vor, welche Argumente es für und gegen Nachhaltigkeit an der Universität gibt und wie eine Verknüpfung von z. B. wissenschaftlicher Exzellenz und gesellschaftlicher Verantwortung begründet wird. Ein erster Blick auf diese Daten zeigte spannende Ergebnisse. Die Präsentation steht hier zum Download bereit (pdf).
Nach dem Vortrag diskutierte das Publikum rege über die Ergebnisse der Studie.
Wissenschaftsfreiheit im Kontext nachhaltiger Entwicklung: Widerspruch oder Symbiose? Wie verantwortungsfrei ist die Wissenschaft?
Wie verantwortungsfrei ist die Wissenschaft?
Am 19. Juni 2019 fand die abendliche Podiumsdiskussion „Wissenschaftsfreiheit im Kontext nachhaltiger Entwicklung: Widerspruch oder Symbiose? Wie verantwortungsfrei ist die Wissenschaft?“ im Gästehaus der Universität Hamburg statt.
Nach einem Videoimpuls von Professor Markus Vogt (LMU München) diskutierten Professor Hermann Held (Universität Hamburg), Professor Henning Pätzold (Universität Koblenz-Landau) und Dr. Delia Schindler (Tchibo GmbH) über die Kernaufgaben von Forschung und Lehre, über typische Missverständnisse, wenn es um Freiheit und Verantwortung in der Wissenschaft geht sowie die Rolle der Hochschulen in Bezug auf die Sustainable Development Goals der UN.
Prof. Dr. Alexander Bassen (Universität Hamburg) moderierte die Diskussion.
Wissenschaft muss und kann sich ihre Freiheit bewahren
Das Podium und der frühzeitige offene Austausch mit den anwesenden Gästen boten spannende und interdisziplinäre Perspektiven auf das Thema. Wissenschaftler*innen können ihre Freiheit wahren, indem sie einen „vagabundierenden Blick“ beibehalten, sich nicht als „Lieferbetrieb“ verstehen und sich auch mal vom Zwang der Drittmitteleinwerbung lösen, um (unbequeme) Fragen längerfristig beforschen zu können.
Verantwortung bedeutet, vielfältige Entwicklungspfade aufzuzeigen
In Bezug auf Verantwortung wurde diskutiert, dass verschiedene Zukünfte in Betracht zu ziehen sind. Aktuelle Fragestellungen (wie z. B. der Kohleausstieg bei der Energiefrage) brauchen verschiedene wissenschaftlich hergeleitete Szenarien, um verantwortungsvoll und auf Komplexität angemessen zu reagieren. Dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wertfrei forschen oder lehren, ist ein Trugschluss. Sie legen ihre Werte nicht an den Pforten der Hochschulen ab; die Selbstreflexion der eigenen Werte ist jedoch essentiell für einen offenen Diskurs.
Braucht Wissenschaft ein neues Rollenverständnis?
Das Podium skizzierte ein neues Rollenverständnis der Wissenschaft, das der Verantwortung in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung gerecht wird und gleichzeitig die eigene Freiheit wahrt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen trotz und gerade wegen ihrer Autonomie Nachhaltigkeitsfragen von sich heraus reflektieren und in Resonanz mit anderen kommen, um gesellschaftsrelevante Lösungen zu entwickeln. Der Dialog mit Wirtschaft und Gesellschaft bekommt neben wissenschaftlichen Publikationen nach diesem neuen Rollenverständnis einen höheren Stellenwert und Ambiguitäten und Widersprüche – bspw. in Bezug auf die SDGs, die kein kohärentes System darstellen – müssen ausgehalten werden, um komplexen Herausforderungen gerecht zu werden. Faszination ist dabei die notwendige Emotion, um sich der Themen intrinsisch motiviert anzunehmen. Oder wie Professor Vogt an anderer Stelle sagte: „Die vornehmste Verantwortung der Universität ist die Freiheit des Denkens.“
Vor und nach der Veranstaltung nutzten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich beim Get-Together weiter auszutauschen.
Von Klimaforschung bis Gendergerechtigkeit – die Universität Hamburg auf dem Weg zur Universität der Nachhaltigkeit
Bei einer Informations- und Diskussionsveranstaltung am Freitagabend, den 21. Juni, im Rahmen des Sommers des Wissens auf dem Rathausmarkt, gab es für Interessierte die Möglichkeit, mehr über den aktuellen Stand und die vielfältigen Aktivitäten der Universität Hamburg im Bereich nachhaltige Entwicklung zu erfahren. Hierbei wurde auch auf den gerade erschienenen 3. Nachhaltigkeitsbericht der Universität verwiesen.
Vorgestellt wurden zunächst die Nachhaltigkeitsstrategie der Universität Hamburg sowie die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN, welche als Rahmenwerk dienen. Wie es um das Thema Gleichstellung an der Universität gestellt ist, wurde anschließend berichtet: Der Frauenanteil sowohl in verschiedenen Personengruppen der Universität als auch in den Gremien ist vergleichsweise hoch und liegt unter Studierenden und TVP-Beschäftigten sogar konstant über 50%.
Des Weiteren wurde die Forschungslandkarte Nachhaltigkeit vorgestellt, welche einen Überblick über Nachhaltigkeitsforschung an der Universität Hamburg gibt, orientiert an den SDGs. Auch im Bereich Studium und Lehre existiert eine solche Landkarte und es wurde aufgezeigt, wie man an der Universität zum Thema nachhaltige Entwicklung studieren kann.
Abschließend wurden Herausforderungen aufgezeigt, mit denen sich die Universität konfrontiert sieht, wie beispielsweise die Freiheit von Forschung und Lehre im Kontext nachhaltiger Entwicklung oder die Sichtbarkeit der Nachhaltigkeitsbemühungen. Eine große Herausforderung stellt auch das Fliegen dar, beziehungsweise das Dilemma zwischen wissenschaftlichem Austausch und Kooperation und den steigenden Emissionen. Ein Beispiel zeigte den Veranstaltungsteilnehmenden, wie die Universität mittels Kompensationszahlungen versucht, diesem Dilemma entgegenzuwirken.
Im Anschluss an diesen Input gab es dann die Möglichkeit zu diskutieren, was die Veranstaltungsteilnehmenden als Teil der Gesellschaft von einer Universität mit Blick auf das Thema nachhaltige Entwicklung erwarten. Hier wurde auf bereit gelegten Kärtchen u. a. vermerkt, dass „das Nachhaltigkeitsdreieck in allen Studiengängen verankert“ werden möge und dass es eine „Vernetzung von Nachhaltigkeitsinitiativen und insbesondere von aktionsbezogenen Initiativen“ geben solle.
SDG Session: „Warum eigentlich immer ich?!“
Eine immer größer werdende globale Ungleichheit, der enorme menschliche Ressourcenverbrauch und die sich verschärfende Klimakrise machen deutlich, dass ein Handeln für eine faire und nachhaltige Weltordnung immer notwendiger wird. Die Frage, die sich dabei oftmals stellt ist: warum muss eigentlich immer ich aktiv werden und warum nicht die anderen? Dieser Frage haben wir uns bei der SDG Session im Rahmen der Aktionstage Nachhaltigkeit der Universität Hamburg gestellt. Die Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen geben hierauf die Antwort. Sie zeigen die Vision einer nachhaltigen und fairen Welt auf und geben gleichzeitig Handlungsmöglichkeiten für die verschiedenen Akteure vor. Die 17 SDG gelten dabei für jeden Menschen auf der Welt.
In der SDG Session haben die Teilnehmenden die 17 SDG besser kennen gelernt und deren Verbindungen analysiert. Auch die Handlungsaufforderungen, die aus den SDG resultieren, wurden näher beleuchtet, um daraus Schlüsse für das eigene Handeln ziehen zu können. Dabei wurde insbesondere auch der Einfluss jedes Einzelnen auf andere Akteure der SDG, wie der Politik und der Wirtschaft, aufgezeigt. Denn nur wenn alle Beteiligten ihre Verantwortung wahrnehmen, kann die gesellschaftliche Transformation gelingen!
Wir hatten sehr viel Spaß dabei, mit der Gruppe über die SDG und ihre Umsetzung zu diskutieren und hoffen, dass die Teilnehmenden die Inspiration bekommen haben, wie sie sich selbst für die SDG engagieren können.
Das Sustainable Development Solution Network (SDSN) – Überblick und Kooperationsmöglichkeiten
Am 20. Juni 2019 stellte Jacqueline Götze, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sustainable Development Solution Networks SDSN Germany, das weltweit agierende Netzwerk im Rahmen der Aktionstage Nachhaltigkeit vor. Darüber hinaus präsentierte sie die Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030, die u. a. vom SDSN getragen wird. Die Präsentation des Vortrags steht hier (PDF) zum Download bereit. In der Diskussionsrunde ging es auch um Kooperationsmöglichkeiten und gemeinsame Projekte. Das Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität der Universität Hamburg sowie das Projekt HOCHN sind Partner im SDSN Germany.