SDG 11 – Nachhaltige Städte und Gemeinden
Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen, so lautet das SDG 11. Die fortschreitende Urbanisierung ist ein weltweites Phänomen, denn in Städte steigt die Bevölkerung an. Während in der Mitte des 20. Jahrhunderts nur 30 Prozent der Menschen in Städten lebten, sind es heute über 50 Prozent. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2050 voraussichtlich 80 Prozent der globalen Bevölkerung in Städten leben wird. Daher ist das Potenziale von Städten für die nachhaltige Entwicklung eines Landes nicht zu unterschätzen.
Im Rahmen der Patenschaften für das SDG 11 findet an der Universität Hamburg im Wintersemester 2019/20 eine öffentliche Veranstaltungsreihe statt um verschiedene Facetten des Themas am Beispiel der Stadt Hamburg zu diskutieren.
Patinnen- und Patenteam
Dr. habil. Christoph Haferburg
Fakultät: Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften (MIN)
Fachbereich: Geowissenschaften/Geographie
Weitere Informationen zur Person: Dr. habil. Christoph Haferburg
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
Ich befasse mich gegenwärtig schwerpunktmäßig mit Fragen der nachhaltigen Mobilität als normative Referenz sowie als konkretes Handlungsfeld der Stadtentwicklung. Zwei diesbezügliche Forschungsanträge sind in Vorbereitung.
Der Bezug zum SDG ergibt sich aus folgendem Befund: Mobilität und Verkehr stellen eines der größten ökologischen Probleme und gerade für die Städte eine grundsätzliche Nachhaltigkeitsherausforderung dar. So waren beispielsweise seit den 1990ern im Bereich Verkehr in Deutschland kaum CO2-Reduktionen zu verzeichnen, im Gegensatz zu Produktion und Energieerzeugung. Gleichzeitig sind Mobilität und Verkehr jedoch auch ein wichtiges Element für gesellschaftliche Teilhabe. Zudem bestehen auch in gesundheitlicher Hinsicht oder in Bezug auf städtische Flächennutzung Defizite – bezüglich des Erreichens der Sustainable Development Goals, aber auch um urbane Lebensqualität im Hier und Jetzt zu verbessern.
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Als Stadtforscher sind für mich alle Dimensionen von Stadtentwicklung relevant. In der Forschung bildete der Aspekt der Nachhaltigkeit vor allem in zwei bisherigen Projekten den Fokus:
Im BMBF-Projekt „Stadtstrukturen & Aktionsräume“ innerhalb des Foschungsclusters „VERA/Verzeitlichung des Raumes“ ging es um den Zusammenhang von „Alltagswelt – Aktionsräumen – Ökologie“ (PI J. Oßenbrügge, Universität Hamburg), sowie, in einem internationalen Forschungsprojekts der Siemens-Stiftung, um „Waste Management in Mid-Sized Cities in Botswana and Zambia“ (PI F. Krüger, Universität Erlangen-Nürnberg). Die Projekte verweisen auf unterschiedliche Aspekte urbaner Nachhaltigkeit, das erste hatte aber bereits enge Bezüge zum jetzigen Schwerpunktthema.
Darüber hinaus speist sich mein Interesse am Thema nachhaltige Mobilität aus einer Analyse der Frage, welche Handlungsfelder für die künftige Stadtentwicklung zentral sein werden.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres PatInnenteams?
Schwerpunkt der Aktivitäten speziell in Bezug auf SDG 11 (Nachhaltige Städte und Gemeinden) ist die Konzeption und geplante Durchführung einer Ringvorlesung zu Nachhaltigkeitsfragen der Stadt Hamburg. Ich bin Teil des Vorbereitungsteams, das aus drei anderen Geograph*innen und einer Soziologin besteht. Die Ringvorlesung, die im kommenden Wintersemester 2019/20 stattfinden wird, konkretisiert, was SDG 11 für Hamburg bedeutet.
Als Teil dieser Vorlesungsreihe beabsichtigen Katharina Manderscheid (Soziologie) und ich eine Podiumsdiskussion zu organisieren, die Möglichkeiten einer nachhaltigen urbanen Mobilität in Hamburg auslotet. Hierfür möchten wir Perspektiven aus der Wissenschaft, der Praxis und der Zivilgesellschaft miteinander ins Gespräch bringen.
Außerdem biete ich im Sommersemester 2019 zwei Lehrveranstaltungen an, die den Potentialen einer nachhaltigen urbanen Mobilität gewidmet sind: „SDG 11 in Aktion: Verkehrswende in Hamburg“ (gemeinsam mit J. Oßenbrügge) sowie „Nachhaltige Mobilität im Globalen Süden“.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem/mehreren der 16 weiteren SDGs?
Zu SDG 7, 12 und 13 bestehen engere Bezüge, zu den übrigen SDG ebenfalls, da SDG 11 alle Nachhaltigkeitsdimensionen in Relation zu (städtischen) Siedlungsstrukturen ins Auge fasst.
Prof. Dr. Katharina Manderscheid
Fakultät: Wirtschafts- und Sozialwisenschaften
Fachbereich: Sozialökonomie, Soziologie
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Katharina Manderscheid
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
Meine Forschungen beschäftigen sich mit Mobilität und sozialer Ungleichheit. Dabei steht die Entwicklung und Zukunft des Autoverkehrs im Zentrum, der eine der Hauptquellen für CO2- und andere luft- und klimabelastende Emissionen darstellt. Zudem besetzt das Auto und seine Infrastrukturen große Anteile der städtischen Flächen, verursacht Lärm und verursacht Unfälle.
Zu den konkreten Forschungsprojekten gehören empirische, teils international vergleichende Arbeiten zu Verkehr und Mobilität, die Auseinandersetzung mit möglichen zukünftigen Verkehrsentwicklungen wie selbstfahrenden Autos sowie die Analyse des „Peak Car“ Phänomens.
Mobilität und Verkehr hängen unmittelbar mit Stadtentwicklung und städtischer Lebensqualität zusammen. Die Zugänge zu städtischen Wohnungsmärkten entscheiden auch über Zugänge zu öffentlichen Verkehrsmitteln und über die Distanz zu Arbeitsorten und sozialen und kulturellen Angeboten. Daher tangieren diese Bereiche immer auch Fragen von sozialer Ungleichheit und gesellschaftlicher Gerechtigkeit.
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Ausgangspunkt meines Interesses war die Auseinandersetzung mit der Bedeutung von Orten im Rahmen meiner Dissertation, insbesondere von städtischen Quartieren für verschiedene soziale Gruppen und deren gesellschaftlicher Teilhabe. Durch Kontakt mit dem „New Mobilities Paradigm“, dem Cosmobilities Network und während eines Aufenthalts am Centre for Mobilities Research an der Lancaster University/UK entwickelte sich mein Forschungsinteresse für die Themen Verkehr, Stadt, Macht und Ungleichheit weiter. Da der Autoverkehr eine große Quelle klimaschädlicher Emissionen ist, stellt sich für mich aus soziologischer Perspektive die Frage, wie und warum das Auto so zentral werden konnte für die räumliche Organisation westlicher Gesellschaften und wo die Hemmnisse für eine Abkehr von diesem Verkehrsmittel liegen. Ein fundiertes Verständnis dieses Wechselverhältnisses von räumlich-gesellschaftlicher Organisation und automobilem Verkehr stellt eine Grundlage für die nachhaltige Entwicklung von Mobilität, Verkehr und Städten dar.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres PatInnenteams?
Die Themen Stadt und Verkehr liegen in der Schnittfläche verschiedener Disziplinen und die interdisziplinäre Vernetzung erweitert die Perspektive auf das Feld.
Geplant ist unter anderem eine Veranstaltungsreihe mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Geowissenschaften.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem/mehreren der 16 weiteren SDGs?
Bezüge bestehen zu SDG 3, SDG 8, SDG 10, SDG 12, SDG 13
Prof. Dr. Jürgen Oßenbrügge
Fakultät: Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich: Geowissenschaften
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Jürgen Oßenbrügge
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
Forschungen zur Nachhaltigkeit in Stadtregionen stehen seit der Diskussion über die Lokale Agenda und anderen Selbstverpflichtungen der Städte in zahlreichen Forschungsprojekten im Zentrum meiner Arbeit. Derzeit vertrete ich den Arbeitsbereich „Urban Systems“ im Zentrum für Erdsystemforschung und Nachhaltigkeit (CEN). Hier verfolgen wir zum einen Fragestellungen, die sich mit den Folgen des Klimawandels für Stadtregionen beschäftigen (ClISAP, CliCCS), zum anderen die Zusammenhänge zwischen Umweltbelastungen, sozialräumlichen Differenzierungen und urbaner Gesundheit bzw. Lebensqualität (UrbMod).
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Ich bin in meinem wissenschaftlichen Werdegang immer mit Fragen und Konflikte über die Stadt- und Raumentwicklung verbunden gewesen. Dazu gehören die klassischen Konflikte zwischen unterschiedlichen Standortinteressen (AKW- und Industrieansiedlungen, Hafenerweiterung), ungleiche Verteilung von Umweltbelastungen und ökologisch problematische Formen der Siedlungsentwicklung.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres Patenteams?
Die Habitat-Konferenz 2016 und die „neue urbane Agenda“ bilden derzeit einen Referenzrahmen für die Umsetzung des Ziel 11 der SDG. Hier gibt es sowohl globale Perspektiven, die ich gerne mit Blick auf Stadtentwicklungen in Asien und Afrika thematisieren möchte. Gleichzeitig bestehen auch Herausforderungen vor Ort z.B. Wege für eine umweltgerechte Metropolregion Hamburg.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem/mehreren der 16 weiteren SDGs?
Da Städte als Raumeinheiten Teil unterschiedlicher sozial-ökologischer Systeme darstellen, gibt es zahlreiche Verbindungen zu den weiteren SDGs.
Prof. Dr. Christof Parnreiter
Fakultät: Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich: Geowissenschaften
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Christof Parnreiter
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
Forschungsschwerpunkte: Geographien ökonomischer governance; Ungleiche Entwicklung; Stadtentwicklung
Forschungsprojekte: Stadt und ungleiche Entwicklung; Geographien wirtschaftlicher Steuerungsfunktionen durch unternehmensorientierte Dienstleistungsunternehmen in deutschen Global Cities
Bezug zu SDG 11: Städte sind zentrale Knotenpunkte für die Entwicklung und Steuerung wirtschaftlicher Prozesse und damit entscheidende Orte für die Gestaltung von nachhaltiger Entwicklung.
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Ich beschäftige mich seit jeher mit Fragen ungleicher Entwicklung und ergo mit Themen der Nachhaltigkeit.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem/mehreren der 16 weiteren SDGs?
Da meine Forschungen sich auf die Geographien der Steuerung von wirtschaftlichen Prozessen und von Ungleicher Entwicklung beziehen, gibt es Bezüge zu zahlreichen anderen SDGs, insbesondere zu jenen, die unmittelbar Gerechtigkeits- und Verteilungsfragen berühren (z. B. SDG 1 Keine Armut, SDG 2 Kein Hunger, SDG 8 Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum, SDG 10 Weniger Ungleichheiten, SDG 16 Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen).
Prof. Dr. Beate M.W. Ratter
Fakultät: Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften
Fachbereich: Geowissenschaften
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Beate M.W. Ratter
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
- Gesellschaftlich Klimaanpassung (SPP-Projekt gemeinsam mit dem Ludwig-Franzius-Institut, Universität Hannover und dem Institut für Umwelt-, Ressourcen- und Regionalökonomik, Universität Kiel: DICES – Dealing with change in SIDS: Societal action and political reaction in sea level change adaptation in Small Island Developing States)
- Resilienz und Anpassungsfähigkeit auf kleinen Inseln (DFG-Projekt Adaptability of social-ecological systems - Environmental knowledge, learning and governance on small islands - The Bahamas case study)
- Regionaler Klimawandel und Umgang mit Extremereignissen (Helmholtz Kooperationsprojekt REKLIM, HZG mit KIT und UFZ: DOSOCK - Downscaling Social Climate “Knowledges”: The social framing of regional and local weather extremes in Germany")
- Regionaler Klimawandel und Communities of Practice (Kooperationsprojekt AWI, WWF, UniHH: From Climate Knowledge to Climate Action: Creating Regional Communities of Practice against Climate Change)
- Umgang mit Extremereignissen am Beispiel Sturmfluten an der deutschen Nordseeküste (BMBF-Verbundprojekt Fona 3: Extremeness - Extreme North Sea Storm Surges And Their Consequences)
- Risiko und Management bei Küstengefahren (Dänisches Kooperationsprojekt vom Danmarks Innovationsfond, COHERENT - Coastal Hazard Risk Reduction and Management)
- Integriertes Küstenzonenmanagement (Kooperation mit dem Wadden Sea Forum und Erarbeitung einer trilateralen Research Agenda for the trilateral Wadden Sea im Auftrag der Waddenakademie, Niederlande)
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Ich bin Geographin und interessiere mich für den Umgang der Menschen, insbesonders verschiedener Gesellschaften und Regionalkulturen, mit ihrer Umwelt. Raumgestaltung und Zukunftsgestaltung sind in Zeiten des akuten Klimawandels ein drängendes Problem, das nicht allein durch naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn gelöst werden kann.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres Patenteams?
Das muss ich erstmal ausloten, da meine mir zugeteilten "Partnerinnen und Partner" überwiegend in städtischen Agglomerationen aktiv sind, ich jedoch vor allem in ruralen Küstenräumen und auf kleinen Inseln.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem der 16 weiteren SDGs?
Ja, zum SDG 14 Leben unter Wasser - Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen