SDG 5 – Geschlechtergleichheit
Geschlechtergerechtigkeit und Selbstbestimmung für alle Frauen und Mädchen zu erreichen sowie Chancengleichheit und Selbstbestimmung der Geschlechter zu schaffen, sind die in SDG 5 formulierten Ziele. Die Gleichstellung der Geschlechter ist ein grundlegender Bestandteil für die weltweite Nachhaltige Entwicklung. Frauen sollen genauso wie Männer an allen Entscheidungen beteiligt sein, die ihr Leben beeinflussen. Chancengleichheit bedeutet zum Beispiel, dass beide Geschlechter zu gleichen Teilen Führungspositionen auf allen Ebenen im politischen, ökonomischen und öffentlichen Leben einnehmen.
Im Rahmen der Patenschaft für das SDG 5 (Geschlechtergleichstellung) wurde der von der Hamburg Research Academy (HRA) betreute Beratungswegweiser für den wissenschaftlichen Nachwuchs geschlechter- und diversitätsgerecht aufbereitet.
Patinnen- und Patenteam
Prof. Dr. Miriam Beblo
Fakultät: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Fachbereich: Sozialökonomie, Volkswirtschaftslehre
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Miriam Beblo
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
Ich beschreibe mich in der Regel als angewandte Mikroökonomin mit den Forschungsschwerpunkten Arbeitsmarkt- und Familienpolitik. Mich interessieren ökonomische Zusammenhänge und Wirkungsweisen von Politikmaßnahmen an der Schnittstelle von Arbeit und Familie. Das hat viel mit institutionellen Rahmenbedingungen, aber auch mit gesellschaftlichen Normen und Geschlechterrollen zu tun. So kommt die quantitative Geschlechterforschung quasi als Querschnittsmethode ins Spiel.
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist, genauso wie alle anderen SDGs, ein solch selbstverständliches Anliegen, dass ich mein anfängliches Interesse dafür gar nicht datieren kann. Als ein Schwerpunkt meiner Forschung hat es sich wahrscheinlich deshalb entwickelt, weil der Weg zum Ziel dann eben doch nicht so selbstverständlich beschritten wird und mich die Hindernisse (und ihre mögliche Überwindung) interessieren.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres Patenteams?
Zuerst einmal wollen wir sehen, wer an der Universität über das Patenteam hinaus entweder selbst Geschlechterforschung betreibt oder für die Gleichberechtigung relevante Themen bearbeitet. Diese Gruppe schätze ich als relativ groß ein. Als nächstes müssen wir uns geeignete Vernetzungsformate überlegen, um beispielsweise die zu geschlechterrelevanten Themen forschende Rechtswissenschaftlerin mit dem Erziehungswissenschaftler so zusammenzubringen, dass sie die Gemeinsamkeiten erkennen und dadurch einen neuen Blick auf ihre jeweilige Forschung bekommen. Durch das Sichtbarmachen der Schnittmengen erhoffe ich mir eine größere Wahrnehmung des Themas.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem/mehreren der 16 weiteren SDGs?
Fast alle SDGs sind Querschnittsthemen und miteinander vernetzt. Inhaltlich sind wahrscheinlich die Ziele 1 (keine Armut), 3 (Gesundheit und Wohlbefinden), 4 (gute Bildung), 8 (gute Arbeit und wirtschaftliches Wachstum) und 10 (weniger Ungleichheit) am engsten mit der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verwoben.
Prof. Dr. Robert Fuchs
Fakultät: Geisteswissenschaften, Institut für Anglistik und Amerikanistik
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Robert Fuchs
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG
Mein Projekt steht unter dem Titel „Recent change in gendered language use - diminishing differences, increasing equality?“. Geschlechtsbasierte Unterschiede in Sprache und Kommunikation sind ein Schwerpunkt meiner Forschung: Erstens im Hinblick auf die Frage, welche Unterschiede bestehen, ob daraus Benachteiligungen erwachsen und ob sich die Unterschiede in den letzten Jahren verkleinert haben. Zweitens sind geschlechterbasierte Unterschiede auch in Hinblick auf Sprachwandel interessant, denn hier nutzen Frauen in der Regel innovative linguistische Formen früher und häufiger als Männer.
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Aus wissenschaftlicher Sicht sind Geschlechterunterschiede in der Sprache, genauso wie unterschiedliche Sprachformen je nach Alter, Ethnie oder sozioökonomischem Status, ein fester Bestandteil der soziolinguistischen Forschung. Bisher wurde häufig nicht die Interaktion zwischen diesen Faktoren berücksichtigt – wenn man etwa sagt, es gäbe bei einer bestimmten sprachlichen Form einen Unterschied zwischen Männern und Frauen, gibt es diesen Unterschied genauso auch zwischen, z.B., jungen Männern aus der Mittelschicht und älteren Frauen aus der Arbeiterschicht?
Außerdem untersuche ich solche sprachlichen Unterschiede anhand größerer Datenbanken als das früher möglich war. Auf diese Weise können wir auch Veränderungen über die letzten Jahrzehnte feststellen. Aufgrund der Flexibilisierung von Geschlechterrollen in westlichen Gesellschaften ist anzunehmen, dass sich geschlechterbasierte Sprachunterschiede in westlichen Gesellschaften verringert haben, aber ein Nachweis steht noch aus.
Aus persönlicher und gleichzeitig öffentlichkeitswirksam-wissenschaftlicher Sicht ist das Thema für mich von Interesse da die öffentliche Debatte zu sprachlichen Geschlechterunterschieden von recht kruden Stereotypen geprägt ist. So sagte etwa im Jahr 2017 ein Vorstand des Unternehmens Uber, wenn das Gremium mehr Frauen aufnähme, würde mehr geredet werden - was impliziert, dass dann weniger Entscheidungen getroffen werden.1 Tatsächlich zeigen mehrere Studien, dass Frauen in privaten Kontexten mehr reden als Männer, aber in öffentlichen Kontexten (was Arbeitsmeetings einschließt) weniger reden als Männer. Statistisch wäre also zu erwarten, dass Vorstandssitzungen bei Uber bei einem höheren Frauenanteil weniger Zeit in Anspruch nehmen als momentan!
Es gibt tatsächlich statistisch belastbare Unterschiede in der Sprache von Männern und Frauen. Allerdings ist das in mehreren Hinsichten einzuschränken. Zum einen müssen wir auch andere soziale Faktoren berücksichtigen, wie etwa Alter und sozioökonomischen Status. Zum anderen sind in westlichen Gesellschaften sprachliche Geschlechterunterschiede frequenzbasiert, d.h. die meisten Frauen benutzen eine bestimmte sprachliche Form öfter als die meisten Männer (oder umgedreht). Aber das trifft nur für eine Mehrheit von, und nicht für alle, Frauen und Männer zu. Dementsprechend sollten wir weder uns selbst noch Andere anhand von Stereotypen - die, wenn sie den Tatsachen entsprechen, ja nicht per se schlecht sind – zu sehr einschränken (lassen). Verschiedene populäre Bücher und Überzeugungen basieren auf der Annahme, dass Frauen und Männer quasi unterschiedliche Sprachen sprechen. Die wissenschaftlichen Ergebnisse widersprechen dem und wir sollten uns nicht in unseren Entscheidungen von solchen kruden Annahmen leiten lassen.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres Patenteams?
Sprache ist nur ein Teil des sozialen Verhaltens das Menschen ausmacht und ich freue mich sehr darauf, mich mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachbereichen auszutauschen und Anregungen zu erhalten wie auch meinerseits meine eigene Perspektive zu teilen.
1 https://www.nytimes.com/2017/06/13/technology/uber-sexual-harassment-huffington-bonderman.html
Prof. Dr. Daniela Rastetter
Fakultät: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
Fachbereich: Sozialökonomie, Betriebswirtschaftslehre
Weitere Informationen zur Person: Prof. Dr. Daniela Rastetter
Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte bzw. aktuellen Forschungsprojekte? Welchen Bezug haben diese zu „Ihrem“ SDG?
Meine Forschungsschwerpunkte sind: Geschlechterverhältnisse in Organisationen; betriebliche Gleichstellungspolitik; Diversity Management; Personal und Gender; Mikropolitik am Arbeitsplatz; Emotionen in Organisationen. Bezug zu dem SDG 5: Gleichberechtigung der Geschlechter: Fast alle Schwerpunkte beschäftigen sich mit Chancengleichheit und Antidiskriminierung, nicht nur, aber auch bezüglich des Geschlechtes.
Wie kamen Sie zu diesem Thema? Woher kommt Ihr Interesse?
Bereits während des Studiums interessierte ich mich für Gerechtigkeit, Gleichheit, Emanzipation und Frauenpolitik. Ich habe zu „Sexualität und Herrschaft in Organisationen“ promoviert.
Welche Aktivitäten planen Sie im Rahmen der SDG-Patenschaft? Welche Möglichkeiten sehen Sie in der (interdisziplinären) Vernetzung mit den anderen Mitgliedern Ihres Patenteams?
Vernetzung mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zu ähnlichen Themen, aber aus anderen Perspektiven arbeiten, bringt Erkenntnisgewinn. Gerne würde ich das Thema Gleichberechtigung der Geschlechter in der Universität sowohl inhaltlich (Forschung und Lehre) als auch strukturell (Gleichstellungspolitik an der Hochschule) voranbringen.
Gibt es einen Bezug zwischen Ihrem Thema und einem/mehreren der 16 weiteren SDGs?
Geschlechtergerechtigkeit ist auch ein Querschnittsthema über alle SDGs hinweg. Insbesondere sehe ich aus meinen Schwerpunkten heraus Bezüge zu SDG 8 (menschenwürdige Arbeit für alle) und SDG 10 (Ungleichheit verringern).